Der Waldgarten und seine Entwicklung

Im folgenden möchte ich die bisherige Arbeit an und in unserem kleinen Nachbarschaftsgarten, dem Waldgarten so weit es geht zusammenfassen und einige Wegmarken hervorheben.

2010

Idee und erste Überlegungen

Bei einem kleinen Gespräch im (damals noch eher als Hinterhof zu bezeichnenden) winterlichen Garten des Vorwerkstifts über ökologisches Leben, Lebensmittel, Permakultur und unserem Interesse daran, kamen Judith Henning und ich auf die Idee, diese Brachfläche - die nach unserer Beobachtung als Anwohner, nur wenig genutzt und nicht gepflegt war - zu einem Permakultur-Nachbarschaftsgarten zu machen.

2011

Analyse, Planung und Entwurf

Waldgarten Gelände Im Gespräch mit Bewohnern des Vorwerkstifts und weiteren Interessierten erforschten wir Bedürfnisse und erarbeiteten erste Ideen. Wir erstellten Karten der sozialen Nutzung und der Witterungseinflüsse und beprobten den Boden. Dauerhafte Bemühungen, den Boden zu verbessern, viele Bäume, wenig Wasser und viel Schatten, aber auch die Gegebenheiten, dass das Gelände halböffentlich, also als Durchgang, Hundeauslauffläche, Drogenumschlagplatz und Abhäng-Ort genutzt wird, würden uns in unserer Arbeit begleiten.

In den Planungen und Gesprächen entwickelten sich immer mehr und konkretere Ideen. Die Garten-Elemente Hochbeet, Keyhole-Beete, Sitzecken, ein Hügel und der Kompost wurden in einem Entwurf unserer Vision angeordnet.

Das BewohnerInnen-Plenum hat den Planungen erfreut zugestimmt und mit dem Trägerverein des Vorwerkstiftes, der Stiftung Freiraum, wurde eine Kooperation vereinbart.

Waldgarten Vision

Ausgehend davon haben wir entschieden, dass wir mit dem Bau und der Bepflanzung des Hochbeetes anfangen. Damit entstünde gleich eine nutzbare Struktur um essbare Pflanzen anzubauen und der Bereich zwischen Hochbeet und Mauer würde entlastet und gemütlicher werden.

Waldgarten Mehlzeichnung des Hochbeets

Am 19.4.2011 war es dann soweit, dass wir unserer erste Rundmail rausgeschickt haben. Die Unterzeichner_innen waren Antje, Benjamin, Celine Müller-Berg, Judith Henning, Julia Bonn, Sonja Henscher und Tobias Kneuker.

Materialbeschaffung

Um 'unseren' Ort grüner und ökologischer machen zu können, brauchte (und braucht es immernoch) sehr viel Material. Der Aufwand, diesen (de-naturierten) Ort zu verändern ist immens! Dazu haben wir uns mit dem Hochbeet auch ein nicht ganz sparsames Element vorgenommen - um ein Hochbeet (vor allem in dieser Größe) aufzubauen braucht es viel Holz für die Einfassung, viel Füllmaterial (Totholz, Strauchschnitt, Kompost, Erde) und viele Hände.

Holz für die Hochbeet-Einfassung

Glücklicherweise haben wir für die Einfassung von Günter einige Kubikmeter Stämme gespendet bekommen, die wir mit ihm entastet, gesägt und ins Karoviertel transportiert haben.

Hochbeetbau

Hochbeet-Rahmen von der Terasse aus

In der zweiten Rundmail angekündigt, haben wir am 7. und 8.5. dann mit Hilfe vieler tüchtiger, unerschrockener, sorgfältiger Helfer und Helferinnen die Errichtung des Hochbeetes begonnen. Besser gesagt, erst einmal mit den Erdarbeiten, die davor anstanden. Es musste einiges ausgehoben werden um die Einfassung des Hochbeetes im Boden zu verankern und das Hochbeet an das Bodenleben 'anzuschließen'. Nicht ganz einfach, denn der Boden musste vor dem Ausschaufeln mit der Spitzhacke gélockert werden und immer wieder stieß die Schaufel auf große Steine im Schutt.
Dann wurden die Stämme einzeln nebeneinander eingepasst und im Boden befestigt. Später wurden noch die Seiten durch Querverbindungen versteift. Die Stämme wurden von innen, damit die Erde nicht so leicht rausrieselt, mit Sperrholz-Kisten verkleidet und mit Schafwolle verstopft.

Hochbeet-Bau 1 Hochbeet-Bau 3 Hochbeet-Bau 2 Hochbeet-Bau 3

Erde

Mit viel Spannung erwarteten wir unsere erste Erdlieferung, die einiges der benötigten ca 15m³ Füllung für das Hochbeet liefern sollte.

Da diese LKW so groß sind und die Einfahrt schmal und in der Regel zugeparkt ist, haben wir die halbe Straße abgesperrt und gehofft, das es passt.
Das hat es und wir hatten einen herrlich großen Berg dampfende Komposterde, die dann ein Bauarbeiter von der Baustelle um die Ecke mit dem Radlader luxuriöserweise bis neben das Hochbeet transportiert hat.

Die Erdlieferung

Bepflanzung und Ansaat

Nachdem wir das Hochbeet mit unglaublichen Mengen an Holz, Mutterboden und Komposterde gefüllt haben, ging es an die Bepflanzung:

Wir haben einige Pflanzenspenden aus verschiedenen Teilen der Stadt erhalten, Ziest aus Poppenbüttel, Melisse und Heckenrosen aus Bergstedt, Brombeeren aus Maschen und noch einige mehr.

Darum herum wurden Kräuter und Gemüse gesät. Dabei haben wir versucht eine möglichst vielfältige Mischkultur herzustellen und so für ein gesundes Wachstum und gesunden Boden zu sorgen.

Mischkultur-Plan fürs Hochbeet

Erntedank

Einladung zum Erntedank 2012

Trotz der späten Fertigstellung/Bepflanzung des Hochbeetes ist darauf einiges gewachsen.
Diese erste Ernte wurde verspeist, es gab Mangold, Bohnen, Erbsen und allerhand andere Leckereien. Dabei wurde über die bisherige Arbeit im Garten, das Pflanzenwachstum und die Möglichkeiten an einem so schattigen Ort resumiert und überlegt, welche nächsten Schritte gemacht werden können.

2012

Obsthecke

Geplant war in diesem Jahr, die Pflanzungen an der Mauer und neben dem Hochbeet zu verdichten und mehr essbare Pflanzen, also Apfelbäume und Beerensträucher zu pflanzen. Die Planung ist u.a. wegen der Kosten für Obstgehölze leider nicht komplett umgesetzt worden, immmerhin konnten wir aber eine kleine Johannisbeer-"Hecke" anlegen.

Einzug des ersten Bienenvolkes

'Unser' erste Bienenvolk

Aufregend war es, als Celine sich entschieden hat, das Imkern praktisch anzufangen und von einem befreundeten Imker aus St Pauli einen schönen Schwarm bekommen hat. Der Einzug in die Bienenkiste war ein sehr schön anzusehendes Schauspiel.

Die Bienen wandern auf einem Tuch in ihre neue Wohnstätte.

2013

Kompostmiete

Kompostmiete von oben

Etwas später im Frühjahr haben wir eine Kompostmiete angelegt und tatkräftige und materialreiche Unterstützung von Rico aus dem Stadtteilgarten Griesstrasse erhalten.

Einiges an Materialeintrag zum Bodenaufbau

Das hat ermöglicht, Pfade aus Holz-Schredder anzulegen, die eine angenehme Struktur gegeben haben. Auch konnten wir so in Randbereichen große Teile (die bisher ein schattig unbeachtetes Dasein führten), mit Humusaufbau-Maßnahmen (Schredder, stickstoffreiches Material, Tonmehl/Bentonit, Algenkalk) versorgen.

Waldbereiche mit Schredder und Bentonit

Ein neues kleines Beet

Vor dem Eingang zum Garten haben wir ein kleines Beet wiederbelebt, das früher ein mittlerweile verstorbener Nachbar gepflegt hat. Tomaten, Erdbeeren, Minze, Bohnen und auch einige Pflanzen aus dem wilden Garten von Axels Eltern haben sich hier niederlassen dürfen.

Erstes Bienenschwärmen

Am besten vergrößern: Der Bienenschwarm in der Baumkrone.

Unsere Bienen haben den Winter 2012/13 mit dem ganzen Schnee sehr vital überstanden und sind dann im Juni geschwärmt.
- Eine ausgesprochen spannende, abenteuerliche und lehrreiche Erfahrung! War der erste Schwarm sehr gnädig und ließ sich nach einigem Überlegen doch noch zu uns herab, so war der zweite anspruchsvoller: Celine durfte per Feuerwehr-Leiter (so eine, die direkt am LKW dran ist und bis zum Hausdach reicht) unter eine Baumkrone fahren um dort diesen zweiten Schwarm erfolgreich und im Handumdrehen in die Kiste zu bekommen.

Gäste aus Dänemark und Argentinien

Beim Bau der Baumskulptur

Ungefähr zur selben Zeit kamen Johan und Yaniya zu Besuch ins Vorwerkstift und haben im Laufe des Sommers und mit Hilfe von Johans extra aus Dänemark angereister Familie ein neues Element, eine Art Installation aus - unter Wasserdampf vor Ort verformbar gemachtem - Haselnussholz geschaffen.

Diese Arbeit wurde begleitet von zwei gemütlich-geselligen Abendveranstaltungen zu Praktiken der Selbstorganisation, mit leckerem Essen direkt aus dem Garten von Johans Eltern.

Gleichzeitig waren im Vorwerkstift auch immer wieder einige Leute aus Argentinien zu Besuch - eine in Vollbesetzung ungefähr 25-köpfige Band namens Capitan Tifus, mit denen es gesellige Abende gab und die ein wenig Musik in den Garten brachten.

Vortrag Solidarische Landwirtschaft

Themenabend Solidarische Landwirtschaft

Schon im Spätsommer angelangt, haben wir zu einem Themenabend zur Solidarischen Landwirtschaft eingeladen, auf der Matthias den Kattendorfer Hof vorgestellt hat und auf dem es noch einen Film über die Gründung eines ähnlichen Projekts zu sehen gab. Wir haben uns sehr über das große Interesse, die Fragen und angeregten Diskussionen gefreut und hoffen, das immer mehr Lebensmittel direkt auf den Tisch gelangen und der Besuch im Supermarkt immer seltener werden kann.

Arbeit mit der 2. Klasse

Besuch von der Christian Morgenstern Schule Besuch von der Christian Morgenstern Schule 2

Im Spätherbst dann haben wir im Garten noch einmal jede Menge Besuch bekommen: die dritte Klasse der Christian Morgenstern Schule hat in mehreren Terminen ein prächtiges, weidengeflecht-umrandetes Beet angelegt. Die Kinder haben tüchtig angepackt, vorsichtig Regenwürmer und Blumezwiebeln gerettet, Weide entlaubt, gesägt, geflochten, Erde geschaufelt, Erde gekarrt, Pfähle gesetzt, Kompost angelegt und auch Feuer gemacht. Besonders eindrucksvoll weil geruchsstark, war die Düngung mit Algenjauche. Heiß begehrt war es, das Tonmehl, das in hauchdünnen Schichten im Beet und auch im Kompost aufgebracht wurde, wie auf einem Pizzablech zu verteilen. Abgeschlossen haben wir die Arbeit mit der gemeinsamen Aussaat von Rau-Weizen auf einem Teil des neugewonnenen Beets.

2014

Saatgut-Tausch

Saatguttauschbörse: Saatgut erhalten

Schon im zweiten Jahr haben wir die Saatguttauschbörse der Hamburger Stadtgärten aka. Solidarisches Gemüse mitveranstaltet, Vorträge zu Saatgut angehört, natürlich samenfeste, ökologische Saat getauscht und einige spannende Unterhaltungen geführt.

Hochbeet-Auffüllung

Nach drei Jahren wurde es nun Zeit, das Hochbeet aufzufüllen. Es war mittlerweile durchschnittlich um 10-15 cm abgesackt und die Pflanzen konnten wieder frische Nährstoffe gebrauchen. Die langsam weniger gewordene Erde konnten wir mit feiner Komposterde, kompostiertem Pferdemist (Danke an Günter ) und ein wenig Mutterboden auffüllen. Die darauf gesäten und gepflanzten Pflanzen schienen sehr erfreut!

Ausbreitung des Gartens

Waldgarten-Ausbreitung: Ein neues Beet

Eine weitere Erdbewegung war das Wiederinstandsetzen eines Beetes vor dem Waldgarten, das wohl vor Jahren mal von Anwohnern angelegt, dann aber vergessen wurde. Dieses Beet haben wir mit einer Mischung aus Pferdemistkompost, Mutterboden und vor allem der - in der Tat prächtigen - Komposterde aus der letztjährigen Kompostmiete gefüllt. Direkt in die Mulchdecke aus Heu haben wir Bienenweide-Samenmischung, Calendula und Rucola gesät und Tomaten, Bohnen, Minze und Lupine gesetzt. Einiges davon ist aufgelaufen und ich bin optimistisch dort einige Bohnen und Tomaten ernten zu können.

Bienenschwärmen und ein neues Bienenvolk

Im Blätteridyll

Sehr spannend und aufregend ist es auch immer wieder mit den Bienen. Die - recht frühe - Schwarmzeit bescherte ein weiteres Volk, dass nun in der Griesstrasse residiert - der Schwarmfang war eine ordentliche Kletteraktion, siehe Bienenschwärmen.

Das neue Bienenvolk noch in der Schwarmkiste

Dann, noch aufregender: ich habe mein erstes 'eigenes' Bienenvolk bekommen, dass nun als drittes Volk den Waldgarten bewohnt und bisher sehr friedlich und gesund ist. Ein bisschen ausführlicher ist der Bieneneinzug und auch die Wahl der Bienenbehausung und unserer Art zu imkern hier beschrieben: Neues Bienenvolk.

Insektenhotel

Das Insektenhotel

Um auch den wilden Bienen und vielen anderen wichtigen Insekten eine Behausung zu geben, haben wir es im Frühsommer geschafft, mit der Vorschulklasse B aus der Ganztagsgrundschule Sternschanze ein geräumiges Insektenhotel zu bauen. Praktischerweise konnten wir die Holzwerkstatt der AGKV (Arbeitsgemeinschaft Karolinenviertel e.V. ) zur Vorbereitung der der Materialien und Einzelteile nutzen. Ein spannender Einblick in dieses Haus für Kinder aus dem Stadtteil, die mich mit Ihren Werkstätten, dem Lehmofen und dem Gewächshaus sofort an die Bücher von Ali Mitgusch erinnern ließ. Nach zwei Tagen angestrengtem Sägen, Schneiden, Knipsen, Bohren und Sortieren konnten wir die Materialien in den Garten transportieren, um dann am dritten Tag das Insektenhaus im Waldgarten aufzustellen und zu füllen. In den Rahmen des Hauses wurde eine Art Regal eingebaut und die einzelnen Fächer wurden mit den vorbereiteten Hölzern und Baumscheiben, Tannenzapfen, Heu und Lehm gefüllt.

2. August 2014, Tobias Kneuker.